Als wir vor einiger Zeit anfingen, unsere Sachen zu verkaufen und wichtige Dokumente in Kisten zu packen, da haben wir uns schon ab und an gefragt, ob man ständig auf Reisen sein kann – ob man das durchhält, wie man sich organisiert und nicht zuletzt, wie man sich finanziert?
Für diejenigen, die vielleicht selbst mit dem Gedanken spielen, einen festen Bürostandort gegen wechselnde Lokalitäten einzutauschen, hier ein paar unserer Erfahrungen.
Für uns als digitale Nomaden sind zwei Sachen essenziell – Strom und Internet (wer braucht schon Essen und Schlaf). Logisch, wir bauen Software, unsere Maschinerie läuft auf einem Laptop.
Es gibt mittlerweile viele digitale Nomaden und so verwundert es nicht, dass sich hier Communities gebildet haben, die ein wertvoller Erfahrungsschatz sind und helfen Fragen zu organisatorischen Themen zu beantworten ( z.B. diese deutsche FB Gruppe oder diese englischsprachige ).
ob man 10, 100, oder 1000km entfernt voneinander arbeitet sollte keinen Unterschied mehr machen
…zumindest nicht in der IT-Branche. Als Dienstleister haben wir uns das Ziel gesetzt, für unsere Kunden genauso gut erreichbar zu sein, als wären wir in Deutschland. Wir haben daher eine Infrastruktur aufgebaut, die es uns erlaubt, auf einer deutschen Festnetznummer überall in Europa erreichbar zu sein – ohne Mehrkosten für unsere Kunden und inklusive einer Weiterleitung auf ein Handy, für den Fall das die Internet-Verbindung doch einmal schwächelt. Skype bietet hier mit seinem Europa-Paket eine sehr attraktive Möglichkeit.
Was auch unmittelbar den nächsten Punkt einleitet – Woher weiß man, auf welche Gegebenheiten man sich vor Ort einstellen muss?
Organisation
Zum einen lautet die Antwort darauf erneut: nutze die Erfahrung anderer. Beispielsweise bietet die Seite nomadslist.com für viele sehr attraktive Ziele, eine gute Übersicht, was andere Nomaden vor Ort vorgefunden haben. Von Internet-Bandbreite über monatliche Lebenskosten bis hin zur Luftqualität kann man sich hier schon einen guten Überblick über die kommenden Ziele verschaffen, oder, so man denn möchte, noch unbereiste Ziele selbst der Liste hinzufügen: “Give and get back!”.
Zum anderen können wir jetzt mit etwas Erfahrung sagen, dass man es einfach nicht weiß. Ein gewisses Risiko besteht immer, dass man an seinem neuen Bürostandort auf Unwägbarkeiten trifft, welchen man begegnen muss. Nicht wenige der Vermieter unserer Wohnungen hatten beispielsweise auf die Frage nach der Bandbreite vor Ort nur unklare Antworten, von “UMTS” bis “unlimited”. Das ist verständlich, da die normalen Gäste danach so genau sicher nicht fragen. Daher macht es sich immer ganz gut, die Vermieter mit dem Hinweis auf die Notwendigkeit für den Arbeitsalltag vorab zu bitten, einen Bandbreitentest durchzuführen. Hierfür eignet sich beispielsweise speedtest.net. Darüber hinaus ist nicht selten die Anzahl der Geräte die in das WLAN dürfen bechränkt, und oftmals gibt es auch Volumen-Limits für einen Monat – definitiv zwei Dinge die wir nun auch immer nachfragen. Und sollte es dennoch mal zu Problemen kommen, haben wir feststellen dürfen, dass es nirgendswo so schwer ist, an einen Datentarif zukommen, wie in Deutschland.
Im europäischen Ausland bekommt man häufig vernünftige Konditionen für vernünftige Datenmengen. Und das alles nur gegen Vorlage des Ausweises. In Spanien beispielswiese hat es 20 Minuten in einem Einkaufszentrum gedauert, bis wir für 15€ eine 2GB 4G Prepaidkarte in den Händen hielten. Die Recharges gibt es dann für ca. 10€ das GB. Betrachtet man unseren durchschnittlichen Tagesbedarf von 1.5GB, ist das immer noch reichlich teuer – aber es ist wenigstens ein akzeptabler Backup-Plan! Eine riesige Hilfe für die Suche eines Internetanbieters ist übrigens das Prepaid-Sim-Wiki. Denn Verträge (wenn auch nur ein einseitiges Formular) in fremden Sprachen halten oft Überraschungen bereit, wie Bandbreitendrosslung für VOIP- und VPN-Dienste. Das Prepaid-Sim-Wiki hilft, solche Stolperfallen zu umschiffen. Und zum Erlernen der Sprache ist übrigens das hervorragende Duolingo, das jetzt bald wohl auch klingonisch anbieten wird, eine super Hilfe!
Die folgende Karte zeigt welche Anbindungen wir an unseren jeweiligen Standorten hatten.
Wir reisen zu dritt
Ab und an wird man gefragt ob einem die Freunde & Familie fehlen und man sich einsam fühlt? Die klare Antwort darauf ist: Logisch fehlen sie! Wir haben das Glück zu dritt zu reisen – einsam fühlt man sich so nie und durch unsere Standorte in Europa haben wir auch oft Besuch von urlaubenden Freunden aus Deutschland! Natürlich lernt man unterwegs auch neue Leute kennen, weitere Nomaden und Ortsansässige. Jedesmal auf’s Neue interessante Gespräche! Und wenn doch mal Heimweh aufkommt – dann ist der nächste Bürostandort eben mal wieder in der Heimat.
Wie plant man die Unterkünfte
Manche Nomaden kaufen One-Way-Tickets, sichern sich die erste Nacht und schauen dann was passiert. Wir halten uns an eine simple Regel. Der nächste Ort zu dem wir fahren muss klar sein. Wir haben eine Arbeitswoche in, der wir jeden Tag Kundenkontakt sicherstellen müssen. D.h. wir buchen unsere Unterkünfte mit ca. einem Monat Vorlauf.
Wir finden sie größtenteils über airbnb.com . Ein Tipp sind auch Campingplätze in der Nähe der gewünschten Stadt, denn hier gibt es meist gut ausgestattete, kleine Ferienhäuschen für einen annehmbaren Preis.
Kostenfaktor
Es muss doch teuer sein das ganze Jahr unterwegs zu sein? Antwort: Nicht wirklich. Wir haben zwei Wohnungen aufgegeben und damit unsere Kräfte vereint (Captain-Planet-Referenz ist Absicht!). In Summe zahlen wir für die Miete nun eher weniger, aber zumindest nicht mehr als zuvor! Ferienwohnungen sind ein gut kalkulierbarer Kostenblock, schließlich ist Strom und Internet in der Miete immer schon enthalten. Aber die Frage nach der restlichen Finanzierung ist der wohl spannendste Teil, daher wollen wir ihn mit konkreten Zahlen unterfüttern! Wie bereits erwähnt sind wir zu dritt, d.h. die nachfolgenden Zahlen sind als Durchschnitt pro Person pro Monat zu verstehen und haben damit immerhin schon einen minimal repräsentativen Anspruch 🙂
Natürlich gehen wir auch mal auswärts essen, meist kochen wir aber selbst. Auch beim Einkaufen achten wir auf den Preis. Da ist es günstig, dass man beispielsweise Lidl in ganz Europa verteilt findet.
Der Hardwareposten ist sicher nicht zuletzt den Anfangsinvestitionen geschuldet, nichtsdestotrotz muss er in der Bilanz natürlich auftauchen.
Hardware für unterwegs?
Worauf haben wir geachtet als wir uns mit Hardware ausgestattet haben? Eines war sicher enorm wichtig ausreichend Strom für den ganzen Tag . Dafür ist zunächst ein passender Laptop von Vorteil. Unsere Anforderungen sind hier recht verschieden, von Softwaredevelopment über Grafikbearbeitung bis hin zu Video-Rendering müssen wir einiges abdecken. Video-Rendering und Grafikbearbeitung beanspruchen zwar nicht die höchsten Hardwareanforderungen, trotzdem genug, um es bei der Equipment-Auswahl beachten zu müssen. Bei den reinen Developmentmaschinen benötigen vor allem RAM und CPU, für Rendering-Aufgaben ist auch eine dedizierte Grafikkarte von Vorteil. Darüber hinaus benötigen wir unterwegs einen möglichst kompakten Scanner & Drucker für die Verwaltungsaufgaben. Schlussendlich haben wir uns für folgendes Setup entschieden.
Laptops
Infrastruktur
Und was hat man dann davon?
Reisen während des Arbeitens klingt wohl romantischer, als es ist. Wenn man realisiert, dass man nicht im Urlaub ist – was ziemlich schnell passiert, denn ansonsten macht man sich kaputt, den Vollzeit-Arbeitsalltag mit den Sight-Seeing-Ambitionen einen strebsamen Touristen zu vereinen- kommt man relativ zügig auf einen regelmäßigen Tagesablauf. Die neuen Eindrücke an jedem neuen Standort sind natürlich umwerfend. Der regelmäßige Tapetenwechsel des Arbeitsplatzes ist darüber hinaus auch ein riesiger Motivationsfaktor, es macht einfach Spaß, um sich herum öfter was Neues zu sehen. Das nachfolgende Video soll einen Eindruck vermitteln, wie sich unser Büro im laufenden Jahr bereits verwandelt hat!